Trauer um Verena Zeltner

Ein Nachruf von Dr. Jens Kirsten, Thüringer Literaturrat

Verena Zeltner (1951-2022). Foto: Privat

Mit dem Tod der Kinder- und Jugendbuchschriftstellerin Verena Zeltner verliert die Thüringer Literaturszene eine wichtige Stimme. Die 1951 in Lausnitz geborene Verena Zeltner lernte Industriekauffrau, studierte Ökonomie und war als Wirtschaftsingenieurin bis 2005 im kaufmännischen Bereich tätig. Nachdem sie bereits seit vielen Jahren neben ihrer beruflichten Tätigkeit literarisch geschrieben hatte, veröffentlichte sie ab 1999 in dem von ihr in Neunhofen b. Neustadt/Orla gegründeten Thami Verlag eigene Bücher.
2006 wagte sie den Sprung in die Selbständigkeit als freiberufliche Schriftstellerin. Waren ihre ersten Bücher von märchenhaften Inhalten geprägt, so wendete sie sich später mehr und mehr Umweltproblemen zu, etwa in »Prinzessin Fledermaus« (2009) oder in »Ein Himmel voller Schokolade« (2011).
Mehr und mehr interessierte Verena Zeltner sich für die Verfasstheit unserer Gesellschaft, auch im Spiegel ihrer Geschichte. In ihrem zwischen 1961 und heute erzählten Roman »Kornblumenkinder«, deren Helden einst und heute Jugendliche sind, setzte sie sich mit dem Thema der Zwangsumsiedlung in der DDR und insbesondere der »Aktion Kornblume« nach der Errichtung der innerdeutschen Grenze auseinander. In dem Jugendroman »Ein Indianer weint doch nicht« verhandelte sie das Thema des funktionalen Analphabetismus auf einfühlsame Weise. Ganz in diesem Zeichen stand auch ihre Arbeit an dem 2017 erschienen Roman »ICEzeit. In den Klauen des weißen Drachen Crystal«, der aus der Perspektive des 14jährigen Helden Ben erzählt wird und in dem Verena Zeltner sich mit elterlichem Suchtverhalten und den daraus für die Kinder resultierenden Konflikten beschäftigte.
In einer Rezension zu diesem Buch schrieb Dietmar Ebert über ihre Arbeit: »Immer, wenn Verena Zeltner ein ›heißes Eisen‹ anfasst, informiert sie sich gründlich. Lange recherchiert sie, macht sich sachkundig, fragt bei Betroffenen und Experten nach. Hinzu kommt eine schriftstellerische Tugend. Sie mag ihre Figuren und zeichnet sie genau und liebevoll, auch diejenigen, die durch ihr Verhalten andere in Not und Bedrängnis bringen.«
In ihrem 2020 erschienenen Roman »299 Tage« erwacht die 14jährige Sanna aus einer Operationsnarkose und muss feststellen, dass sie keine Stimme mehr hat. Verena Zeltner, die selbst einst eine Stimmbandoperation über sich ergehen lassen musste, schöpfte hier aus eigenen Erfahrungen und verwob diese zu einem spannungsgeladenen, inhaltlich dicht erzählten Jugendroman.
Für die Arbeit an ihren Büchern wurde sie mehrfach mit Stipendien des Freistaats Thüringen und der Kulturstiftung des Freistaats ausgezeichnet. Wiederholt war sie Stipendiatin im Künstlerhaus Schloss Wiepersdorf. Mit ihren Kinder- und Jugendbüchern schrieb sie sich ins Herz vieler Leserinnen und Leser.
Als Mitglied im VS Thüringen, im Lese-Zeichen e. V. und im Friedrich-Bödecker-Kreises für Thüringen e. V. setzte sie sich engagiert für die Vermittlung von Literatur an Kinder und Jugendliche ein und weckte mit ihren Büchern Lust auf das Lesen. Am Sonntag, dem 3. April 2022, starb Verena Zeltner nach kurzer schwerer Krankheit.