Wasndas? [hochdt.: Was ist denn das?]

Ulf Annel über Sieglinde Mörtels jüngstes Buch "TRATSCH vun frieher und itze"

Sieglinde Mörtel: TRATSCH vun frieher un itze. Welkenverlag Jena 2020

„TRATSCH vun frieher und itze“ heißt das jüngste Buch von Sieglinde Mörtel, erschienen im Jenaer Welkenverlag Jena. Im Klappentext wird das Mundart-Buch vorgestellt:
Wenn wir am heimischen Küchentisch ins Plaudern geraten, reden wir, wie uns der Schnabel gewachsen ist. Oft beginnt es mit „weeßte noch“ und endet mit „heitzedooche is olles onnorsch“. Da reichen ein paar altvertraute Wörter wie Eenkoofsnetz, Cämpingbeitl, Kuumuutschn oder Fertschwäre und schon sind wir mittendrin im Schwadronieren. Dabei schaut uns der Nachwuchs schon mal zweifelnd an und will wissen, wie das überhaupt ging ohne Telefon und Internet, wozu es Lichtfrauen und Schrankenwärter gab oder ob es tatsächlich Russen regnete.
Und wenn wir in unserer regionalen Mundart erzählen, dann lauschen sie nicht nur dem, was wir sagen, sondern auch, wie wir es sagen.
Dieses Buch erzählt von den kleinen alltäglichen Dingen. Es bewahrt damit ein Stück Regional- und Zeitgeschichte und zugleich die vom Aussterben bedrohte regionale Mundart.

Für die Homepage des Schriftstellerverbandes hat Ulf Annel Sieglinde Mörtels Buch gelesen und schreibt:

Da liegt aufgeschlagen ein Buch. Ein Mann schaut auf die linke Seite und fragt: „Wasndas?“ Was ist denn das? Die Antwort ist einfach. Es ist Dialekt, so geschrieben wie gesprochen. Das Buch hat den Titel „TRATSCH von frieher un itze“. Das großbuchstabige Wort ist sofort verständlich, der Rest entschlüsselbar. Es wird der Leserschaft auch sonst leichtgemacht, denn dies ist ein zweisprachiges Buch: links die Mundart, die zwischen Saale, Orla, Ilm und Roda gesprochen wurde, aber immer weniger gesprochen wird, rechts hochdeutsch.
Die Autorin Sieglinde Mörtel ist dort aufgewachsen, mittendrin im Dialektmischmasch – denn ihr Heimatdorf liegt auf der Grenze dreier Thüringer Sprachgebiete. In Mörtels Kinderwörter und -sätze fügte sich zudem väterliches Erfurtsch. Leises Lesen des Buches empfiehlt sich rechts, links hilft lautes Vorlesen (oder man besucht demnächst, wenn es wieder möglich ist, eine der sehr unterhaltsamen Lesungen der Autorin).
Die Geschichten, die Sieglinde Mörtel erzählt, sind in bester Manier unterhaltsame Heimatgeschichten. Selbst in Hochdeutsch lugt sprachlich das Hiesige immer wieder durch, wenn von Kabuff, Lumischen und Purzelkorb die Rede ist. Manche Wörter, vor allem die Ausgestorbenes bezeichnen (wie z.B. Konsum und Jugendtanz, ABV und Kuba-Orange), werden im Anhang erklärt. Wer das allerdings gleich weiß und auch was es bedeutet, „einen Flitz im Kopf zu haben“, der ist klar im Vorteil.
Ohne trotzig mit dem Fuß aufzutreten, wird über das normale Leben in einem Land erzählt, in dem glücklich zu leben kein Unrecht war. Und es wird verglichen: damals und heute. Nicht immer fällt der Vergleich zugunsten des „itze“ aus. Obwohl durchaus Fortschritt zu bemerken ist, sogar im dörflichen Bereich, wo früher Misthaufen gesprengt wurden. Wer es genauer wissen möchte, lese Sieglinde Mörtels Buch.

Sieglinde Mörtel: TRATSCH vun frieher un itze. Welkenverlag Jena 2019. 128 Seiten, Hardcover, 16 €, ISBN: 978-3939917304